kassitische Kunst

kassitische Kunst
kassitische Kunst,
 
die Kunst Altmesopotamiens im 2. Jahrtausend unter der Herrschaft der Kassiten. In der Baukunst verbindet sich der Rückgriff auf alte babylonische Strukturen zum Teil mit neuen Formen und Elementen, z. B. im Inninitempel des Kassitenfürsten Karaindasch zu Uruk (um 1420 v. Chr.): eine dreischiffige Anlage mit Langraum-Cella, der aber ein quer gelagerter Vorraum und bastionsartige Gebäudeecken angefügt wurden; die Außenfassade ist in Nischen gegliedert, in denen abwechselnd erstmals aus Formziegeln gebildete Wasser spendende Figuren eines Berggottes und einer Flussgöttin stehen. Der Palast der kassitischen Residenz Dur-Kurigalzu war nach vorderasiatischer Tradition um einen Hof angelegt, besaß gewölbte Keller und zeigt in der Wandmalerei neben geometrischen Pflanzenmotiven lange Prozessionen von Männern mit rotem Fes (12. Jahrhundert v. Chr.), ein fortwirkendes Motiv. Die Kudurru (»Grenzsteine«, Urkunden über Landbesitz, die in Heiligtümern aufgestellt waren) stellen eine vorher in dieser Form unbekannte Denkmalsgattung dar: stelenartige Steine unterschiedlicher Form, mit Schrift und Relief versehen. - In der Rollsiegelkunst werden drei Gruppen unterschieden. Die 1. Gruppe führte in Thematik und Komposition altbabylonisches Gedankengut weiter, entwickelte aber einen eigenen Stil (Überlängung der Figuren) und neue Motive (z. B. das aus gleich langen Kreuzarmen gebildete »Kassitenkreuz«). Bei der von der babylonischen Starrheit freien 2. Gruppe mit dahinjagenden Kentauren, fliegenden Vögeln u. a. Tieren prägen der wasserverbundene Berggott und Landschaftsdarstellungen das Bild; Anklänge an die mittelassyrische und an die mitannische Kunst sind unübersehbar. Die 3. Gruppe gegen Ende der Kassitenherrschaft ahmte die beiden ersten Gruppen in vereinfachter Form und billigem Material (»Fritte«) nach. - In der Großplastik sind nur wenige Werke überliefert (u. a. Fragmente einer Statue von Kurigalzu I.), die Kleinplastik ist durch vorzügliche Tierdarstellungen in Ton vertreten, reichhaltiger ist das Kunsthandwerk (Schmuck, Glasgefäße) belegt.
 
 
G. Stiehler-Alegria Delgado: Die kassit. Glyptik (1996).

Universal-Lexikon. 2012.

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